Warum Osteopathie?

Unser Pferd       …nicht als Reittier geboren.

Wir als Mensch  …nicht als Reiter geboren.

 

Unser Pferd

Über mehrere Millionen Jahre zogen Pferde ruhig schreitend und fast dauerhaft grasend in einem Herdenverband über weite, gerade Strecken hinweg. Nur gelegentlich, wenn Gefahr drohte, flüchteten sie im Galopp. Bis zu ihrem heutigen Erscheinungsbild hat sich ihr Körperbau diesen Lebensbedingungen und den damit entstandenen Anforderungen angepasst. Der Mensch stellte jedoch ganz andere Ansprüche an das Lebewesen Pferd. Dies führt zu vielen Problemen im Pferdesport. Denn schauen wir uns das Pferd einmal genau an, fallen drei grundlegende Aspekte ins Auge, die nicht förderlich für den Sport Reiten sind. 

 

1. Unser Pferd ist von Natur aus vorderhandlastig 

Das Pfert trägt mit seinen Vorderbeinen einen höheren Anteil seines Gesamtgewichts. Dies war für die ursprünglichen Anforderungen an das Pferd ökonomisch förderlich. Denn mit den Vorderbeinen (die gerade konstruiert sind), kann das Pferd mehr Gewicht über einen längeren Zeitraum energiesparend stützen und in Schrittbewegung tragen. Ein Pferd in freier Wildbahn grast bis zu 16 Stunden. Seine gesamte Anatomie (auch das Nacken-Rückenbandsystem) ermöglicht ihm, den Rumpf inklusive der schweren inneren Organe, energiesparend in dieser „Grasfressposition“ zu stützen.

 

2. Die natürliche Schiefe des Pferdes 

In der freien Steppe stellt dies für das Pferd kein Problem dar. Anders sieht es allerdings bei den heutigen Haltungs- und Trainingsflächen aus. Hier wird das Pferd ständig mit Ecken, Wendungen und Kurven konfrontiert. Wir alle kennen doch das Pferd, das sich „wie ein Motorrad“ in die Kurve legt. Hierbei sind Fehl- und Überbelastungen der Sehen, Gelenke und Muskeln vorprogrammiert. 

 

3. Das Pferd hat eine inaktive Hinterhand 

Da bei einem schiefen Pferd die Hinterhand durch Muskelverkürzungen auf der einen Seite meist seitlich versetzt von der Vorhand platziert wird, ist die Kraftübertragung und Lastübernahme der Hinterhand nicht möglich, was die natürliche Vorhandlastigkeit weiter begünstigt. In der freien Natur braucht und nutzt das Pferd seine Hinterhand nur kurzzeitig aber effektiv – weg von der Gefahr. Dabei wirkt das Hinterbein als „Sprungfeder“; das Vorderbein fängt die Last auf. Kurzzeitig nicht schädlich, führt dies allerdings auf Dauer vor allem zu Schäden der Vorhandstrukturen. 

 

Zusammengefasst: Das Pferd ist kein geborenes Reittier. Wir stehen in der Verantwortung, durch sinnvolles Training und gegebenenfalls unterstützende Therapie die wertvollen anatomischen Strukturen unseres Pferdes zu schützen.

 

Wir, die Reiter

Doch nun kommen wir zum 4. Problem des heutigen Pferdes…. dem Reiter. 

 

Wir teilen uns ein Problem mit unserem Pferd: Die natürliche Schiefe. Denn auch wir haben unsere Schokoladenseite. 

Pferde spiegeln oft ihre Reiter. Wenn wir mit unserem Pferd auf derselben Seite schief sind, bedarf es eines weitreichenden und intensiven Trainings gerade auch für den Reiter, um ein Gleichgewicht herzustellen. Hat unser Pferd seine schwierige Seite auf unserer Schokoladenseite, wechseln Pferde manchmal ihre Seite. Dies kann man auch als künstliche Schiefe bezeichnen. Zu beobachten ist dies insbesondere bei Pferden, die über längere Zeit von einem Reiter geritten werden. Ob dieses Phänomen Folge ihrer Spiegelneuronen oder der unterschiedlich gegebenen Hilfen des Reiters ist, ist noch unerforscht. Wenn jedoch der Reiter wechselt, fällt das Pferd wieder in seine natürliche Schiefe.

 

Woher kommt diese natürliche Schiefe? Es sind unsere alltäglichen Anforderungen – der PC, der im Büro auf der rechten Seite steht, die allgemeine Sitzhaltung oder einseitige Arbeiten und vieles mehr. Hinzu kommt noch unsere natürliche „Rechts-„ oder „Linkshändigkeit“. Andere Faktoren wie Unfälle, Schmerzen und daraus entstandene Fehl- und Überbelastungen runden das Bild des schiefen Homo Sapiens ab. 

 

Hinzu kommt unsere Muskeldysbalance. Ob es nun die verspannte Schulter-Nacken Muskulatur ist, die uns Steif auf dem Pferd sitzen lässt, die unausgeprägte Bauchmuskulatur, die zu einem Hohlkreuz und einem schwammigen Oberkörper auf dem Pferderücken führt, oder unsere Schonhaltung (die nicht selten zu einem Beckenschiefstand führt) und uns schief im Sattel sitzen lässt – all dies macht es uns unmöglich, einen ausbalancierten Sitz auf dem Pferd zu haben.

 

Was lernen wir daraus? 

Wir stehen in der Verantwortung, unsere Pferde im besten Gewissen und Wissen gesund zu trainieren, um trotz anatomischer „Fehlkonstruktionen“ das Steppentier Pferd zu einem Reitpferd werden zu lassen. Aber wir tragen auch Verantwortung für uns. Denn nur ein gut trainierter Reiter kann sein Pferd auch gut trainieren. 

 

Nur ein Reiter der im Lot ist, kann sein Pferd wirklich gesund trainieren und dies auch erhalten. In diesem Sinne „ BE in Balance“.